11.04.2010

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Kleine Geschichten rund um den Karneval 2010

 

Punta della Dogana

2009 wurde nach ca. 10 Jahren Bauzeit das Museum für moderne Kunst in der ehemalgen Zollstation an der Spitze des Sestiere Dorsoduro eröffnet. Damit wurde auch endlich der Zugang zu der davor gelegenen Landspitze wieder zugänglich. Als weithin sichtbares Ausstellungsstück steht dort jetzt die überlebensgroße Skulptur eines jungen Knaben.

 

 

Die Skulptur wird tagsüber, wenn dort reger Publikumsverkehr ist, sehr aufwändig durch einen extra abgestellten Wärter bewacht.

 

Für die Zeiten außerhalb der Öffnungszeiten stellt ein gläserner Kafig sicher, dass der junge Mann keine Grafiti erdulden muss. Das dürfte zwar unbedingt nötig sein, damit sich nicht irgendein Schwachkopf darauf verewigt, ist aber fotografisch nicht so toll, vor allem, wenn sich die Beleuchtung des Museums darin widerspiegelt.

 

 

Betrachtet man den Knaben genauer, dann sieht man, dass er eine Kröte in der Hand hält.

 

 

 

Nun hab ich bis jetzt noch keine Deutung des Künstlers Charles Ray zu seinem Werke lesen können, aber bei Betrachtung der aktuellen Schlagzeilen in Deutschland drängt sich mir eine ganz aktuelle auf. Derzeit wird ja viel berichtet über Gewaltanwendung und sexuellen Missbrauch in Institutionen , die ansonsten sich gerne als maßgeblich betrachten, wenn es um Erziehung und Moral geht. Betrachtet man nun die jungenhafte Statur des Knaben einerseits und all diese üblen Geschichten andrerseits, dann ist das vielleicht ein Opfer das sich gewehrt und seinen Peiniger in eine Kröte verwandelt hat.

Also liebe Besucher seid lieber vorsichtig, bevor ihr diesen vermeintlichen Prinzen wach küsst. Womöglich ist das ja gar keiner, den ihr da erretten wollt.

 

 


Acqua alta

Übers Hochwasser hab ich hier ja schon mal geschrieben. Weil ich aber immer wieder in Reiseforen etc. lese, dass sich viele Gedanken machen, hier nochmal ein paar Informationen.

Dass Venedig regelmäßig von Hochwasser heimgesucht wird ist allgemein bekannt. Dafür sind weniger irgendwelche lokalen Niederschläge und wenn dann die am Alpenrand und nicht die in der Lagune maßgebend. Vor allem aber kommt es auf die Situation an der Adria an, ob die das Wasser in die Lagune drückt. Die 'Hochsaison' ist allerdings so Ende November Anfang Dezember. Bis zum Karneval ist also meist das schlimmste vorbei.

Zudem muss man die Meldungen und Berichte richtig einschätzen lernen. Wenn von Wasserständen von 1m - 1,2 m über Normal berichtet wird, dann ist das noch nichts besorgniserregendend. Was dann passiert ist, dass das Wasser an der Piazzetta übers Ufer tritt bzw auf der Piazza San Marco aus dem Boden kommt. Der Rest Venedigs bleibt noch weitgehend trocken. Aussehen tut das dann so:

Es wird zwar seit Jahren an einer Sanierung des Regenabflusssystems dort gearbeitet, das ist aber noch lange nicht abgeschlossen. Wer weiß ob die Klimaerwärmung diese Bemühungen nicht vollständig zu nichte macht.

Nun heuer war es auch während des Karnevals so weit, dass die Akteure nicht ganz unbehelligt blieben. So mussten z.B. die Maskenträger an der Riva am späten vormittag immer mal hinter sich blicken, wie weit das Wasser schon gestiegen war, um nicht plötzlich nasse Füsse zu bekommen.

 

 

 

Auch die Piazza ist zum Teil unter Wasser, aber unter den Arkaden kann man, zumindest auf der einen Seite und damit eventuell mit kleinem Umweg, trockenen Fusses laufen.

 

Für den Fotografen ergeben sich sogar interessante Ansichten:

 

 

Die Ortsansässigen hingegen wissen genauer, wie es werden wird und sie wissen vor allem, dass der Spuk mit der einsetzenden Ebbe am Nachmittag wieder vorbei ist. Und so stellen sie mit langen Gummistiefeln ausgestattet schon mal die Tische auf, damit auch keine Minute verloren geht um später den Touris einen Kaffee zum Vielfachen des Normalpreises anbieten zu können.

 

 

Kleine Geschichten rund um den Karneval 2009

Blaue Stunde

Dass der Karneval bisweilen bereits zum Sonnenaufgang beginnt, sofern die Bewölkung das zuläßt, ist mittlerweile kein Geheimnis mehr. Aber nicht alle, weder unter den Maskenträgern wie den Fotografen kommen früh genug aus dem Bett.

Wie ich auf 2009r zu zeigen versuche, ist nämlich die blaue Stunde vor Sonnenaufgang ein besonderes fotografisches Erlebnis und wir hatten heuer gleich mehrfach das Glück eines zwar frostigen aber klaren Beginns des Tages.

Ein richtig magischer Moment wurde am Freitag Morgen allerdings daraus, als diese junge Dame trotz eisiger Kälte auf einem Steg an der Piazzetta ihre Querflöte auspackte und mit ein paar Takten den herannahenden Tag begrüßte. Ich hätte ihr gerne noch länger gelauscht, aber ich verstehe, dass ihre musikalische Untermalung bei Temperaturen knapp über dem Nullpunkt nur wenige Minuten andauerte. Unbekannterweise 'Vielen Dank'.

 

Morgenkonzert

 


 

Ornithologische Beobachtungen

Dass Venedig während des Karnevals Rastplatz für verschiedenste Formen von Paradiesvögeln ist, stellt keine neue Erkenntnis dar. Diese Vögel aber bei der Nahrungsaufnahme zu beobachten, gelingt eher selten. Was diese Dame übrigens zu sich nimmt ist ein typisch venezianisches Getränk, ein 'Spritz': Aperol, Prosecco oder Weißwein mit Soda aufgespritzt. Manchmal gibts eine Olive und meist ein paar Chips dazu. So schmecken sogar mir die italienischen Chips.

 

 

Paläontologische Wiederentdeckungen

Auch für den karnevalistischen Paläontologen bot der diesjährige Karneval etwas. Zu unserem Erstaunen trafen wir auf diese Saurier die wir schon von der 'Venezianischen Messe in Ludwigsburg 2008' kannten. Sie werden von einer niederländischen Stelzenläufertruppe dargestellt und sie durch die Bögen des Dogenpalastes schreiten zu sehen, hatte doch etwas Imposantes.

Ob ihr Auftritt in Venedig wohl etwas damit zu tun hatte, dass der in Venedig für die Karnevalsorganisation zuständige Abteilungsleiter bei der Stadt im Jahre 2008 auch in Ludwigsburg war? Ludwigsburg als Trendsetter für Venedig ?

 

 

 

Gilda

nach langen Jahren hab ich sie mal wieder gesehen diese echte Venezianerin im Karnevalskostüm und sie ist ein wenig grau geworden um die Nase. 2006 musste sich die Arme doch glatt in einer Bilderstrecke der FAZ-online als 'venezianischer Karnevalsköter' titulieren lassen. Die Bilderstrecke gehörte übrigens zu einem Artikel von Dirk Schümer, dessen Berichte über Venedig - es gibt ein ganzes Buch davon - ansonsten wirklich lesenwert sind. Den Karneval mag er halt nicht und der Bericht wiederholte leider auch die alten Plattitüden von den vom Tourismusamt bezahlten Maskierten. Als Beleg dafür, dass alle Venezianer den Karneval verabscheuen, taugte dem Kenner Gildas Bild auf jeden Fall nicht, ganz im Gegenteil ...

 

 

Taubenrisotto

Über die Verordnung der Stadt Venedig, die das Taubenfüttern verbietet, hatte ich an dieser Stelle ja schon mal ausführlich berichtet. Tatsächlich sind die Taubenfutterverkäufer inzwischen verschwunden. Wie bei jeder Verordnung finden sich aber Leute, die sie zu umgehen wissen. Ein wenig nervös scheint die Dame aber bei ihrer mit nicht unerheblichen Strafen bedrohten Aktion allerdings gewesen zu sein, wenn man so auf die Fingernägel sieht.

 

verbotene Tierlieberiso

 


 

Globaler Werbebrei

Während also die Ratten der Lüfte wohl eine Niederlage hinnehmen mussten, ist die Rattenplage der Stadtkultur, sprich die Werbung, leider auf dem Vormarsch. Venedig war bis jetzt angenehm werbearm und musste mal ein Gebäude hinter Gerüsten verschwinden, so wurde dieses in der Vergangenheit oft mit einem großformatigem Foto eben dieses Gebäudes verdeckt. Inzwischen ist aber wohl die Stadtverwaltung den Geldsäcken der Konzerne erlegen. Gleich zwei Beispiele verschönerten heuer das Herz der Serenissima, zum einen an der Bibliothek,

 

Wem die Stunde schlägt

 

zum anderen, noch heftiger, an der Seufzerbrücke. Wahrlich zum seufzen.

 

 

Aber es wäre auch mehr als erstaunlich gewesen, wenn gerade Venedig als einer der Mutterstädte des Kommerzes hier standhaft bliebe.

Mein Konsumverhalten ist jedenfalls schon beeinflusst. Der Uhren-Laden am Flughafen, der sonst durchaus mein Interesse weckte, musste auf meinen Besuch verzichten. Und bei der nächsten gelben Tankstelle werde ich wohl auch an das obige Bild denken müssen.


Posso

In Deutschland hat ja so jede Karnevalshochburg ihren eigenen Karnevalsruf, ob das jetzt 'Hellau', 'Alaaf' oder in der Karnevalstiefburg Regensburg das 'Radi,Radi' ist. Venedig kennt sowas nicht, aber es gäbe einen geheimen Favoriten dafür. Das ist nämlich die Anfrage der italienischsprachigen Touristen, ob sie sich zu einem/einer Maskierten dazu stellen dürfen, um die Aussagekraft der Erinnerungsfotos noch ein wenig zu steigern.

Die Reaktion der Maskenträger ist höchst unterschiedlich. Manche spielen mit, so wie hier Arnaldo. Manche lassen es geduldig geschehen. Und manche ziehen sich entnervt zurück, vor allem dann, wenn das Kostüm schon zu viele Blessuren erleiden musste. Nicht wenige durchlaufen alle drei Phasen im Laufe des Tages.


 

Stille Helden des Karnevals

Zu den wahren Helden des Karnevals gehören aus meiner Sicht zweifelsohne die Müllmänner (Müllfrauen hab ich bis jetzt zumindest noch keine gesehen. Es gibt aber angeblich welche, wie mir gewöhnlich gut unterrichtete Kreise inzwischen glaubhaft versicherten). Das Müllsystem Venedigs funktioniert ja so, dass jeder, Hotel wie Privatperson seinen Müllsack einfach in den frühen Morgenstunden auf die Gasse stellt und dort wird er dann abgeholt. Seit der Einführung der Mülltrennung ist dieses System noch aufwändiger geworden, weil es jetzt an bestimmten Tagen der Woche dann noch zusätzlich Säcke für Papier- bzw. Plastik/Dosen/Glas gibt. Diese alle müssen dann, bevor der Rummel richtig los geht, eingesammelt werden.

 

 

 

Was die Reinigung der Plätze betrifft, so kommen auch hier nur sehr beschränkt technische Hilfsmittel zum Einsatz. Vielmehr werden sie Quadratmeter für Quadratmeter mit Reisigbesen gekehrt. Das ist im Karneval eine besondere Herausforderung, denn jeden Abend werden die historischen Pflaster dicht mit Confetti bestreut. Und nicht nur das. Da und dort hinterläßt ein 'Karnevalsfreund', der vielleicht doch besser ein, zwei Bellini weniger getrunken hätte, seine Spuren.

 

 

Zu alle dem haben die fleißigen Platzkehrer dann noch mit Fotografen wie uns zu kämpfen, die schon zur Dämmerung auf der Piazzetta auftauchen und den 'Kehraus' behindern. Trotzdem habe ich noch keinen der 'Straßen'kehrer unfreundlich erlebt, auch wenn ich Ihre Kommunikation nicht verstehe.

 

 


 

Kleine Geschichten rund um den Karneval 2007

Unser Quartier war heuer im Sestiere Castello nahe dem Campo S. Maria Formosa. Ganz in der Nähe liegt die Libreria 'Acqua Alta', die ich auch in meinen Tipps kurz beschreibe. Ist das Wetter nicht so schön, so dass die Postkartenständer fehlen, ist der Eingang zum Buchladen kaum als ein solcher zu identifizieren.

Wer hier nach Büchern sucht, sollte sich Zeit mitbringen, denn ein System der Anordnung ist nicht unbedingt zu erkennen. Aber der Inhaber spricht mehrere Sprachen, so dass man auch als des Italienischen nicht kundiger Tourist nach etwas fragen kann. Allerdings kann es sein, dass die Antwort dann sinngemäß lautet: 'ja habe ich, aber ich weiß nicht mehr wo'.

Zur Libreria gehören nach Luigis Auskunft auch drei Katzen. Mir hat sich nur eine gezeigt, aber diese war offensichtlich auch ein Bücherfreund.

Kleine Kinder sollte man übrigens besser an der Hand nehmen, wenn man den Laden betritt. Denn der Nebenraum, in dem u.a. auch Kinderbücher untergebracht sind, hat einen direkten Ausgang zum nächsten Canal. Das ist nun für venezianische Kinder nichts besonderes und sie wissen wohl, worauf zu achten ist. Aber Ankes zweijähriger Neffe hätte hier heuer beinahe eine feuchte Erfahrung gemacht.

Silvano Candeo hat 2007 in der Libreria eine hervorragende Aufnahme von Arnaldo gemacht.


Am 1. Februar brachte die Süddeutsche Zeitung eine kurze dpa Meldung mit dem Titel " Venedig will Tauben vom Markusplatz verbannen". Nun gehören diese gefiederten Zivilisationsfolger zu Venedig wie der Markuslöwe, auch wenn sie nicht zu Unrecht von Denkmalschützern als Ratten der Lüfte bezeichnet werden. Wer schon mal in Venedig im wahrsten Sinne des Wortes 'beschissen' wurde, weiß wie 'ätzend das ist'.

Tauben scheren sich aber kaum um eine Verordnung der venezianischen Stadtverwaltung. Also geht es mehr darum, die Verkäufer von Taubenfutter zu vertreiben, welche die eigentlichen Nutznießer der Taubenschwärme sind - und dafür eine Lizenz der Stadt benötigen.

Während des Carnevals die Tauben zu beobachten kann nun durchaus schwierig werden, da der Markusplatz ja teilweise vollständig von der großen (meist) nicht geflügelten Konkurrenz gefüllt ist und die Tauben nur verstört von einem Gebäude zum anderen flattern. Ich habe mich daher mal am Aschermittwoch auf den Platz begeben, um nachzuforschen, ob der obigen Ankündigung irgendwelche Taten gefolgt sind.

Man sieht, bis zu diesem Zeitpunkt zumindest hatte sich nichts verändert und man wird abwarten müssen wer in dieser Auseinandersetzung wem aufs Dach steigt.


Kleine Geschichten rund um den Karneval 2006

Diesmal will ich mal mit einer Geschichte beginnen, die sich mit den Photographen beschäftigt. Es ist manchmal durchaus beeindruckend mit welcher Ausrüstung hier um die besten Bilder gerungen wird. Ein extremes Beispiel konnte ich heuer beobachten und im Bild festhalten.

Canon Power

Mangels Kenntnis der passenden Sprache konnte ich leider nicht nachfragen, welcher Nation dieser Canon-Fotoclub zuzuordnen ist, auch wird mir verborgen bleiben, ob die 17. Wimper an Loulous linkem Auge ordentlich geschminkt war oder nicht.. Aber auf jeden Fall war hier auf vielleicht 20 qm der Piazzetta einige zigtausend Euro respektive einige hunderttausend Renminbi bzw.einige Millionen japanischer Yen an photographischer Ausrüstung versammelt. Und natürlich ist nur der blanke Neid die Quelle meiner spitzen Worte.

Dass man für eindrucksvolle Carneval-Photos derartige schwergewichte Brennweitenmonster gar nicht braucht und es halt doch primär auf die Person hinter der Kamera ankommt, beweisen viele, z.B. dieser Vermummte hier:

Candeo Power

Ein Ausflug auf seine Website kann ich nur empfehlen: http://www.pbase.com/silvano


Über die Schäden des Motorbootverkehrs an Venedigs Gebäuden wird ja schon seit vielen Jahren gesprochen. Deshalb gibt es auch strickte Geschwindigkeitsbeschränkungen auf den Kanälen. Dass diese tatsächlich auch kontrolliert werden konnte ich das erste mal beobachten. Diese beiden Herren waren gerade aus dem Revier getreten und offensichtlich auf dem Weg zum Einsatz bei einer Geschwindigkeitskontrolle. Was so ein venezianisches Knöllchen kostet, hab ich noch nicht in Erfahrung gebracht.

ralentare

Da liebe Taxler heißt es aufpassen, auch wenn gerade der Bär abgeht auf dem Boot.

bär auf dem boot


An einem der wenigen Tage, an denen der Himmel früh morgens aufriss, zeigte sich auch der Mond zwischen den beiden Säulen auf der Piazzetta.

Der Venedigfreund weiß natürlich, dass auf der linken Säule zum Bacino hin gesehen der venezianische Löwe thront. Im konkreten Fall saß darauf aber noch das heimliche Wappentier Venedigs. Und wie man sieht haben venezinische Tauben vor nichts Respekt nicht mal vor Löwen.

Der Herr auf der anderen Säule ist der Heilige Theodor. Das war der ursprüngliche Stadtheilige Venedigs. Bis zum Jahre achthundertundirgendwas. Damals ging es im schon längst islamischen Alexandria den Mönchen im christlichen Markuskloster schlecht und deshalb verkauften sie für eine ziemlich lausige Summe die Reliquien des Heligen Markus an venezianische Kaufleute . Diese schmuggelten die Gebeine unter Schweinefleisch - sowas langt ein islamischer Zöllner nicht an - verborgen nach Venedig. Damit war, so die offizielle Lesart, die wertvolle Reliquie aus dem Einflussbereich der Ungläubigen gerettet und die ab jetzt so genannte Markus-Republik hatte einen neuen Heiligen mit höherem Marketing-Wert. Für den Heiligen Theodor war das eher nicht so gut. Er wurde, so würde man wohl heute sagen, sozialverträglich entlassen und deshalb steht er jetzt auf der Säule da oben und murkst tagaus tagein sein Krokodil, pardon seinen Drachen ab.

Zwischen den beiden Säulen sollte man als abergläubischer Mensch übrigens nicht hindurchgehen. Dort war früher die Hinrichtungsstätte und deshalb bringt es angeblich Unglück dort zu passieren.

Da dies aber viele nicht wissen, laufen normalerwiese tausende von Leuten da durch. Nicht so in diesem Jahr, denn heuer erstreckte sich eine große Baustelle (beinahe hätte ich Große Baustelle geschrieben, denn das wird ja langsam zum feststehenden Begriff) zwischen den Säulen. Wir danken den Baubehörden Venedigs, dass sie uns auf diese Weise alle vor Unheil bewahrt haben.

0205-19-06


Das ist Ugo.

Ugo ist auch schon seit mehreren Jahren beim Karneval dabei, immer ganz adrett gekleidet, so wie hier. Wenn das Wetter so ist wie 2006, dann zittert Ugo manchmal. Aber das läge, so erklärte mir sein Herrchen, nicht an der Kälte, sondern sei eine Folge seiner 'Emotione'.


Über die Unbillen des Wetters hab ich hier ja schon öfter geschrieben,. Wenn zum Regen noch ein heftiger Wind kommt, wird nicht nur manches schöne Arrangement zerstört, sondern die Maskenträger müssen ggf. sehr schnell den Rückzug antreten.

Muriel und verlorene SchwerkraftDanielle auf der Flucht

Die Venezianer gehen mit solchem Wetter natürlich ganz cool um.


Kleine Geschichten rund um den Karneval 2005

Nein ich will jetzt nicht nochmal über die vielen Baustellen lamentieren, sondern von einem Erlebnis am Rosenmontag erzählen. Es war um 8.30 morgens, die Sonne warf ihre letzten noch immer etwas rötlichen Strahlen unter die Bögen des Dogenpalastes. Ein paar Mitglieder der Gruppe 'La Bottega dei Sogni' hatten sich darunter postiert.

Und dann rauschte sie heran, ganz leise aber mächtig, die Menschenwelle. Sie kam ganz heimtückisch von Land aus über die Piazza San Marco. Kleine Wellen mit jeweils einer Führerin / einem Führer vereinigten sich zu einer großen. Innerhalb von nur zwölf Minuten (exif-Daten machen die Rekonstruktion möglich) war alles voll, kein Foto mehr machbar, nur noch der schnelle Rückzug angesagt.

Ansturm aif den Palazzo Ducale

Siebzehn weitere Minuten später öffnete der Dogenpalast und verschluckte sie alle. Aber da waren wir schon auf dem Weg zum Frühstück.


Normalerweise ist der Winter ja eher Hochwassersaison und das traf für November und Dezember auch zu. Im Januar und Februar gab es dann allerdings extrem wenig Wasser. Das führte in manchen Kanälen zum Stillstand des Verkehrs. Kürzlich wurde im Forum des Venedig-Treffs unter dem Titel 'Tod in Venedig' auf eine Studie hingewiesen, gemäß der der Schlamm in den Kanälen stark mit Schwermetallen belastet ist. Die Verursacher sind aber angeblich weniger im Industriegebiet Maghera zu suchen als bei den Einwohnern Venedigs selbst.

Niedridwasser
Niedrigwasser

Aufgenommen am Aschermittwoch 2005


Die sympathische Französin auf diesem Photo gehört zur jungen Generation der Karnevals-Begeisterten. Bei einem zufälligen Zusammentreffen in einer Pizzeria stellte sich heraus, dass Sie genau in dem Jahr geboren wurde, an dem ich zum ersten mal zum Karneval in Venedig gefahren war, 1989.

Und weil das auf jeden Fall eine sehr sympatische Art ist, festzustellen, dass man älter wird, hoffen wir sehr diese hübschen Augen auch in den kommenden Jahren erblicken zu können - umrahmt durch ein perfekt gearbeitetes Kostüm von Maman.


Irgendwo zwischen der Piazza San Marco und dem neu erstandenen Opernhaus La Fenice hatten wir heuer eine Begegnung der besonderen Art. Plötzlich kam ein Fahrradfahrer um die Ecke. Dabei kann man Venedig nun wahrlich nicht als radlerfreundlich bezeichnen. Nicht weil gefährliche Autos drohen, sondern wegen der vielen Brücken. Aber vielleicht hatte der gute Mann am Piazzale Roma einfach keinen Fahrradständer gefunden...

Fahrradfahrer in Venedig


Jeder, auch wenn er nicht oft mit dem Flugzeug unterwegs ist, kann nachvollziehen, wie ärgerlich es ist, wenn das Fluggepäck aus irgendwelchen Gründen nicht den gleichen Weg nimmt wie man selbst und deshalb später ankommt. Aber für Maskenträger ist es schon besonders bitter, wenn sie selbst per Flugzeug in Venedig landen und die Koffer mit den Kostümen erst später nachgeliefert werden. Den beiden auf dem folgenden Bild ist genau das 2005 passiert. Erst vier Tage später und damit am letzten Tag ihres Aufenthaltes kamen die Koffer an...

endlich sind die Koffer da


Kleine Geschichten rund um den Karneval 2004

Wenn man an den Karneval 2004 zurückdenkt, dann denkt man unweigerlich an das schlechte Wetter. Aber ich will meine Zeilen hier nicht mit Jammerei beginnen, sondern mit dem Verweis auf eine sehr nett zu lesende Reisebeschreibung vom Karneval 04. Sie ist nachzulesen unter der Adresse http://www.venice-venezia.ch/reisebericht_2004.html

Auf Seite zwei dieses Berichtes stand ursprünglich (inzwischen abgeändert), Zitat: 'Nicht alles, was hinter einer melancholischen, eleganten, witzigen, farbenfrohen, phantasievoll bemalten oder weiss schimmernden Maske hervorkam, war nämlich sehenswert. Schöne Masken watschelten über die Treppe mit einer wenig inspirierenden Gewöhnliche-Hausfrauen-Gangart. .... ' Zitat Ende.

Nun ja, in manchen Fällen kann man zu diesem Urteil kommen. Denn die Fortbewegung mit Kostüm und Maske ist schon etwas Besonderes. Erstens ist der Gesichtskreis - jeder, der schon mal eine Maske anprobiert hat, weiß das - erheblich eingeschränkt. Wenn man dann mit einem weiten Rock, der per se schon die Füße verdeckt, eine Treppe hinauf oder hinab soll, ist das durchaus keine einfache Übung. Außerdem erfordert so ein Kostüm natürlich schon einen besonderen Gang. 'Du gehst nicht, du schreitest' (Zitat aus einem Brief, den ich kürzlich erhielt) Und das will halt gelernt sein.

Aber auf was ich eigentlich hinaus will, ist etwas ganz anderes. Das Foto, das auf oben genannter Website dem zitierten Absatz folgte, war leider kein optimaler Griff. Denn die Maskenträgerin in ihrem Kostüm mit dem goldenen Halbmond, die dort gezeigt wurde, taugt nun gar nicht zur Illustration des Zitierten. Wer es nicht glaubt, kann sich mit einem Blick auf die nächste Abbildung selber ein Urteil bilden.

Zudem erinnert mich dieses Bild daran, dass das offizielle Programm des Carnevale 2004 auf drei Wochen ausgedehnt wurde. Das hat, so wurde berichtet, in einem Fall zu einem bedauerlichen Irrtum eines Maskenträgers geführt, der sich bei der Buchung seiner Unterkunft vertan hatte. Daher musste er dann eine Woche zu früh, also 7 Tage vor Aschermittwoch abreisen. Das war natürlich bedauerlich und alle die ihn kannten, hatten Mitleid mit ihm. Allerdings zeigte sich schon einen Tag später, was für ein Glückspilz er war, denn nur einen Tag später begann das fürchterliche Wetter...


Aber auch hier will ich noch nicht übers Wetter schreiben, sondern über einen weiteren Umstand, der das Photographieren heuer nicht unwesentlich erschwerte. Es waren die vielen Baustellen, die, so erscheint es, jedes Jahr mehr werden. Zwar war die Renovierung der Fassade des Dogenpalastes endlich abgeschlossen. Aber rechts und links wird jetzt das Ufer erhöht. Das ist dringend nötig, denn die immer häufigeren Hochwasser kommen hier als erstes rüber, aber an der Riva klaffte dadurch ein wirklich hässliches Loch, was manche gewohnte und gute Perspektive heuer unmöglich machte.

Baustelle an der Riva

(Foto: Anke Wittmann)

Auch gegenüber vor S.Giorgio Maggiore war die Renovierung des Jachthafens keineswegs abgeschlossen. So war es auch dort sehr schwer, keine Kräne im Hintergrund zu haben.

Baustelle vor San Giorgio

Und weil das offensichtlich nicht genug ist, wurde auch noch das komplette Ufer am Canal Grande vor der Kirche Santa Maria della Salute renoviert und mit einem hübschen Bauzaun dekoriert. Dieser bei vielen beliebte Ort fiel damit fürs Photografieren fast vollständig aus.

Baustelle vor der Salute

Und auch wenn das obige Bild ziemlich schlecht ist, liefert es doch den Übergang zu einem Bericht in der Süddeutschen Zeitung vom 15.9.04 mit dem Titel "Singverbot für Gondolieri". Dort wird berichtet, dass vormittags bis 11.00 die musikalische Begleitung von Gondelfahrten untersagt werden soll. Dies dient allerdings nicht dem Schutz der Langschläfer unter den Touristen, sondern natürlich dem Geschäft. Die Gondeln mit musikalischer Begleitung sind nämlich meist in Pulks unterwegs, wobei dann nur auf einer z.B. das Akkordeon ertönt. Und damit haben die Lastkähne auf den Kanälen so ihre lieben Probleme.

Wer eine etwas phantastischere Begründung lesen möchte, warum die Gondolieri nicht mehr singen, kann zu dem kleinen Band von William Goldman mit dem Titel 'Warum die Gondolieri schwiegen' greifen. Dort wird die tragische Geschichte eines jungen Gondoliere erzählt, der zwar seine Gondel absolut perfekt beherscht, aber so grausam singt, dass er Berufsverbot bekommt. Ein wirklicher Venedig Kenner scheint der Autor übrigens wohl nicht zu sein, sonst würde er nicht durchgehend vom Canale Grande schreiben. Aber jetzt bin ich besser still, sonst sagt man mir noch nach, dass ich überall ein Haar in der Suppe finde.


Auch die großen Schiffe bieten immer wieder mal einen beeindruckenden Anblick, wenn sie durch den Bacino di San Marco zum Überseehafen fahren. Das kommt ab und an für irgendwelche Frachtschiffe, aber regelmäßig für die Fähren Richtung Griechenland vor. Dann verschwindet für einen Moment das gegenüberliegende Ufer.

Griechische Fähre vor Campanile 1 Griechische Fähre vor Campanile 2 Griechische Fähre vor Campanile 3 Griechische Fähre vor Campanile 4


Hab ich noch was vergessen ? Ach ja, übers Wetter wollte ich noch schreiben. Nun ja es begann sonnig, aber ab dem Unsinnigen Donnerstag würde es äußerst unangenehm. Bis zum letzten Tag ein Wechselspiel zwischen Schnee und Regen mit nur ganz wenigen Pausen. Brrrrr.

Natürlich kann man auch bei solchem Wetter reizvolle Aufnahmen machen, aber wenn bereits nach zwei Stunden die Finger so steif vor Kälte sind, dass man kaum mehr auslösen kann, ist der Spaß irgendwann vorbei. Und nur wenige Kostümträger wagten sich dann noch raus. Einen großen Dank an diese Unverdrossenen und an die lieben Leute, die uns zwischendrin immer mal wieder zum Aufwärmen in ihre Wohnung einluden.

Dieses Bild ist übrigens auch für alle Brunetti Fans interessant. Im Rücken des Fotografen ist nämlich die (Roman-)Questura und hinten im Nebel ist noch ganz schemenhaft ein Polizeiboot zu erkennen. Diese lagen nämlich 2004 etwas weiter vorn zum Bacino hin, weil der hintere Teil des Kanals gerade saniert wurde. Mal sehen ob dieses Detail irgendwann mal in den Kriminalromanen von Donna Leon auftaucht .

Geschichten aus 2003

Viele Besucher, die mit dem Carnevale di Venezia noch nicht so vertraut sind, fragen sich, ob hinter den Masken echte Venezianer stecken. Das ist nur ganz selten der Fall. Die Maskenträger kommen aus ganz Europa, ja sogar aus der ganzen Welt. Ich persönlich habe heuer, obwohl ich schon seit Jahren Visitenkarten sammle zum ersten mal eine solche von einer echten Venezianerin erhalten. Genauer gesagt habe ich die Karte von der Begleiterin erhalten, während Gilda, so hieß die Kostümträgerin, ihre ganze Aufmerksamkeit den Fotografen widmete. Sie hatte einen purpurnen mit Steinen besetzten Mantel, einen federgeschmückten Hut und faszinierende dunkelbraune Augen. Wer ein Bild von ihr sehen will, muss mit dem Cursor über die folgende Grafik fahren (und Javascript eingeschaltet haben).


Anke und ich werden immer wieder gefragt, ob beim parallelen Fotografieren von zwei Leuten nicht lauter gleiche Aufnahmen entstehen. Das ist keineswegs so. Selbst eine ganz kleine Veränderung am Standpunkt oder eine abweichende Brennweite können schon ganz unterschiedliche Aufnahmen hervorbringen. Wer es nicht glaubt, kann auch hier mit dem Cursor über das folgende Bild fahren. Natürlich bedarf es auch eines so genialen und kletterfreudigen Darstellers wie Antonio, um derartige Schnappschüsse zu machen.


Japanische Touristen gehören zweifelsohne zu den treuen Kunden der Gondolieri. Manchmal werden sie dabei von einem Sänger oder Akkordeonspieler begleitet. Dieser junge Mann sorgte jedoch selbst für die musikalische Unterhaltung seiner Begleiterin (von der ich mal annehme, dass es seine Mutter war). Und das, was er auf seiner Mundharmonika zu Gehör brachte, während sie an uns vorüberglitten, war ein einwandfreies " O Sole Mio ". Bravo ! (Foto: Anke Wittmann)

o sole mio


Auf dem Campo Santa Margherita konnten wir heuer durch Zufall einem Schauspiel beiwohnen, das mit dem Carnevale eigentlich nichts zu tun hat, einer Doktorfeier. Auch wenn man von den harschen Sitten bei derartigen Gelegenheiten schon gehört hat, ist das doch ein bemerkenswerter Ablauf. Da müssen die Kandidaten, die gerade ihr Studium abgeschlossen haben, nicht nur durch ihre Kameraden Spießruten laufen, sondern sich auch einer modernen Form des "Teeren und Federn" unterziehen. Sie werden dazu weitgehend ihrer Bekleidung entledigt (was womöglich noch ein Akt der Rücksichtnahme ist) und werden dann mit Schaum, Konfetti und in einem Fall sogar mit Fischköpfen vom benachbarten Markt eingerieben. Das geschieht mehr oder weniger parallel für alle Absolventen eines Faches mitten auf dem Campo. Einige der Bedauernswerten habe ich auf Film gebannt.

Dottore1
Dottore2
Dottore3


Manche, die an den sonnigen Tagen des Carnevale 2003 zum Bummeln oder Cafe trinken am Zattere waren, werden sie gesehen haben die voll eingerüstete Molino Stucky. Diese alte, an ihrem Platz im äußersten Westen der Guidecca etwas monströs wirkende, ehemalige industrielle Mühle sollte in ein Kulturzentrum umgewandelt werden. Jetzt in der Karwoche ist sie abgebrannt, zufällig genau zu dem Zeitpunkt als der einzige Feuerlöschhubschrauber Venedigs in Reparatur war.

Inzwischen haben mir Freunde zwei Bilder mitgebracht :

Molino Stucky nach dem Brand 1 Molino Stucky nach dem Brand 2

Fotos: C. & S. Bihlmayer

Nachtrag 2005: Der Wiederaufbau ist inzwischen voll im Gang


Solche Bilder soll es offensichtlich nach dem Willen der venezianischen Verwaltung in Zukunft nicht mehr geben, denn die Maske steht auf der Brüstung, welche den Campanile umgibt. Von dort wurden heuer die Maskenträger regelmäßig von Uniformierten vertrieben mit der Begründung, dass der Aufenthalt auf einem Momument in dieser Form nicht gestattet sei. Aber vielleicht will die Stadtverwaltung die Maskenträger ja nur vor dem ätzenden Kot schützen, den die Tauben dort hinterlassen....


Manchmal werden Teile von Kostümen in den Folgejahren wieder verwendet. Auch im folgenden Fall hätte man das vermuten können.

2000 2003

Inzwischen weiß ich, dass unter diesen Kostümen verschieden Personen sind, die nicht miteinander in Verbindung stehen. Von den beiden Maskenträgern auf dem rechten Bild, einem ganz netten französchen Ehepaar, habe ich erfahren, wie es zu dieser Begebenheit kommt. Die beiden kaufen ihre Stoffe bei einem arabischen Händler im Quartier de Montmartre in Paris. Als sie dies irgendwann vor 2000 taten und dabei den oben getragenen wunderschönen Stoff gerade erworben hatten, kam eine Gruppe Italiener in den Laden. Und diese kauften den gleichen Stoff. So musste das Kostüm auf der rechten Seite bis 2003 auf seine Präsentation warten.

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